Rezension in Metalspheres

ach der in den späten 90ern abgeschlossen "Officium Tenebrarum" Triologie war es einige Zeit still um die französisch-österreichischen Avantgardisten ELEND, doch mit Winds Devouring Men gelang 2003 eine eindrucksvolle Rückkehr. Nur ein Jahr später erscheint nun mit Sunwar the Dead der zweite Part des neuen fünfteiligen Zyklus und überrascht mit einer Vehemenz die von dieser Band so noch nicht zu hören war. Inspiriert wurde man von der französischen "musique concrete" und zeitgenössischen Komponisten wie P. Henry, K. Stockhausen und K. Penderecki. Soweit die Bandinfo, denn diese waren mir ehrlich gesagt bislang nicht einmal dem Namen nach bekannt.

Das Album wird mit "Chaomphalos" eher ruhig eingeleitet, bevor bei "Ardour" die Wucht eines 50köpfigen Orchesters über den Hörer hinein bricht, geradezu bedrohliche Streicher und mächtige Pauken erheben sich hinter den ausgebildeten Stimmen und gerade als das Stück zu verebben scheint, folgt der dramatische Höhepunkt. Gegenüber dem eher introvertierten Winds Devouring Men operieren ELEND also mit einem noch viel größeren Spektrum an Emotionen und gerade der Titelsong brilliert mit einer selten gehörten Klangdichte. "The Hemlock Sea" überrascht dagegen mit verstörendem Industrial, der zumindest mich an diverse pechschwarze Ambient-Bands des schwedischen Kult-Labels Cold Meat Industry erinnert. Die maschinelle Geräuschkulisse wird mit ruhigem und fast beschwörendem Sprechgesang gespickt, so dass sich für solchen Klängen zugeneigte Ohren ein faszinierendes Hörerlebnis eröffnet, während vielen wohl der Zugang dazu nur schwerlich zu erschliessen sein wird. Eine gute Vorbereitung darauf ist sicher der vorhergehende Song "Ares in their Eyes", der zwar ein ähnliches Konzept verfolgt, aber dabei von dominanten Streichern geprägt wird und nicht ganz so entrückt wirkt. Das ohne Gesang zelebrierte "La Terre n'aime pas le sang" stellt den fulminanten Schlusspunkt einer Art Industrial-Triologie in der Mitte des Albums dar und ist derart sperrig und unkonventionell, dass es eine wahre Freude ist. "A Song of Ashes" führt danach die weiteren Songs zu einem eher meditativen Grundton, der jedoch noch einige Male von gewaltigen klassischen Eruptionen durchzogen wird. Als besonders beeindruckend sollte dabei noch das irrsinnig vielschichtige "Blood and grey Skies entwined" erwähnt werden.

ELEND haben also einen weiteren großen Schritt vollzogen und ihre sowieso schon einzigartige Musik noch einmal auf ein neues Level gehoben. Sunwar the Dead klingt definitiv nach kommerziellem Selbstmord, und trotzdem bin ich mir sicher, dass die Fans der Band begeistert sein werden und auch neue Hörerkreise erschlossen werden können. Denn ELEND passen niemals in eine einzige Schublade und stossen so bei ganz unterschiedlichen Musik-Liebhabern auf Interesse. Sunwar the Dead reicht weit jedenfalls über reine Unterhaltungsmusik hinaus, dieses Album bietet höchst anspruchsvolle Kunst und zieht vollkommen in seinen Bann, wenn man ihm die nötige Zeit zur Entfaltung bietet. Prädikat: Äußerst wertvoll! (Volker)